Case und Care Management für FTD- und junge Betroffene und ihre Angehörigen
Alzheimer Info: Ausgabe 3/2020
In den letzten Jahren wenden sich immer häufiger Menschen an unser ehrenamtlich besetztes Beratungstelefon, die selbst von einer Demenz betroffen sind. Die Alzheimer Gesellschaft Hamburg hat darauf reagiert und neue Angebote für Menschen mit beginnender Demenz entwickelt. Um Menschen, die die Diagnose im frühen Stadium der Erkrankung erhalten, in ihrer Situation zu unterstützen und zu begleiten, stehen neben der telefonischen, persönlichen und aufsuchenden Beratung viele weitere Angebote zur Verfügung: Mal- und Gesprächsgruppen, der Chor „Vergissmeinnicht“ sowie unser Tagestreff, um nur einige zu nennen. Im Tagestreff beispielsweise treffen sich Menschen mit Demenz, um über sechs Stunden den Tag miteinander zu verbringen, aktiv zu sein, Ausflüge zu machen oder sich einfach nur auszutauschen – in jedem Fall, um Freude zu haben!
Jung erkrankte Menschen mit Demenz
Vereinzelt sind Menschen sehr jung (jünger als 60 Jahre) von einer Demenz-Diagnose betroffen. Und immer wieder gibt es unter ihnen auch Personen, die keine Schwierigkeiten haben, sich in unsere bestehenden Angebote wie den Tagestreff zu integrieren. Häufig ist jedoch die Lebenswelt der jung betroffenen Menschen eine so andere, dass die Konfrontation mit einem solchen Gruppensetting und auch die Begegnung mit Menschen, die schon deutlich älter oder weiter fortgeschritten sind in der Demenz, nicht das Passende zu sein scheinen. Häufig besteht bei jung Erkrankten noch eine Berufstätigkeit und der Übergang in die Erwerbsminderungsrente muss – mit all den Herausforderungen, die daran hängen – gemeistert werden. Finanzielle Einbußen, Abwicklung von Selbstständigkeit, Kinderbetreuung – die individuellen Themen, Sorgen und Nöte sind vielfältig.
Menschen mit FTD
Eine weitere Gruppe, die wir ins Auge fassen möchten und mitdenken müssen, wenn wir über Angebote für Jungbetroffene nachdenken, ist die Gruppe der Menschen, die eine „Frontotemporale Demenz“ (FTD) haben. Hier gibt es seit vielen Jahren eine spezielle Angehörigengruppe, aber kaum bis überhaupt keine begleitenden Angebote und Unterstützungsmöglichkeiten.
2017 ist eine Gruppe speziell für Angehörige von jüngeren Menschen mit Demenz gegründet worden. Aufgrund der großen Nachfrage gibt es seit diesem Jahr eine zweite Angehörigengruppe mit diesem Schwerpunkt. Aus den Erfahrungen der letzten Jahre wurde für uns immer deutlicher, wie wichtig es ist, hier weitere Ideen zu entwickeln und Angebote zu denken, die besonders junge Menschen ansprechen.
Da die Finanzierung durch gesetzliche Mittel nicht kostendeckend ist, kann auch dieses Angebot neben den Teilnahmebeiträgen nur mit Spenden und Stiftungsmitteln wirtschaftlich betrieben werden. Eine nachhaltigere Lösung könnte es sein, wenn der individuelle Begleitbedarf zum Erhalt der gesellschaftlichen Teilhabe über eine Leistung der persönlichen Assistenz für Menschen mit beginnender Demenz abgedeckt werden könnte. Diese Leistungen könnten dann – je nach Ressourcen und Einschränkungen – passgenau eingesetzt werden und so die Selbstständigkeit der Betroffenen besonders lange erhalten.
Im Rahmen der Aktion „Hand in Hand für Norddeutschland“ im Jahr 2018 haben wir Spendengelder erhalten und konnten im Januar 2020 das Projekt „Mittenmang“ starten. Die Idee des Projektes ist, ein Case und Care Management für FTD- und jung von Demenz betroffene Menschen sowie für deren An- und Zugehörige aufzubauen. Eine der Leitfragen in diesem Projekt lautet: Wie stellt sich jemand mit Anfang 50 Unterstützung und Begegnung vor?
Wir möchten Unterstützung individuell gestalten und gleichzeitig aus den Erfahrungen lernen, wie wir bewährte Angebote wie Tagespflege und Wohnprojekte speziell für jüngere Menschen auf den Weg bringen und Einrichtungen bei der Umsetzung unterstützen können. Zusätzlich ist geplant, bestehende Netzwerke (beispielsweise der Kinder- und Jugendhilfe) einzubinden, um Familien den Umgang mit der neuen Lebenssituation zu erleichtern.•
Silke Steinke, Alzheimer Gesellschaft Hamburg
Weitere Informationen:
Silke Steinke, Tel: 040 - 881 41 77 19
s.steinkealzheimer-hamburgde