Umgang und Kommunikation
Angehörige tragen den Hauptanteil an der Versorgung von Menschen mit Demenz. Sie übernehmen damit eine sehr schwere und verantwortungsvolle Aufgabe, die sich meist über Jahre hinzieht. Dennoch ist es weiterhin möglich, gemeinsam Freude zu erleben und aus der Zeit mit der Krankheit wertvolle und erfüllte gemeinsame Jahre zu machen.
Die Probleme, die im Zusammenleben mit einem Demenzerkrankten auftreten, sind von Fall zu Fall verschieden. Sie werden bestimmt von der Persönlichkeit der betroffenen Person, vom Stadium der Krankheit, von den äußeren Lebensumständen, aber auch von den besonderen Fähigkeiten und Schwächen der betreuenden Person(en). Ebenso individuell müssen die Lösungen für die Probleme sein.
Wissen über die Krankheit verleiht Sicherheit im Zusammenleben und im Umgang mit den Erkrankten. Es kann vor Enttäuschungen aber auch vor unnötiger Resignation bewahren. Angehörige sollten sich deshalb so gründlich wie möglich über die Krankheit informieren.
Demenziell Erkrankte muss man so annehmen, wie sie sind. Sie können sich nicht ändern. Die Angehörigen sollten lernen, die Bedürfnisse und Wünsche der Betroffenen, aber auch deren ganz eigene Sicht der Realität wahrzunehmen und zu berücksichtigen. Andererseits müssen sie sich darin üben, Kritik und unnötige Zurechtweisungen zu vermeiden.
Eigenständigkeit ist eine Wurzel von Selbstachtung, Sicherheit und Lebenszufriedenheit bei Gesunden wie bei Kranken. Deshalb sollte man den Erkrankten nicht alle Aufgaben abnehmen, nur weil sie ihnen schwerer fallen als früher oder sie weniger gut ausgeführt werden. Durch Vereinfachung der Kleidung, durch die Aufteilung von Handlungen in einzelne Schritte und durch geeignete Hilfestellungen kann oft ein hohes Maß an Selbständigkeit erhalten bleiben.
Menschen in einem frühen Stadium der Demenz benötigen nur zu bestimmten Zeiten oder bei bestimmten Verrichtungen Unterstützung von anderen. Um bei Bedarf entsprechende Hilfe bekommen zu können, haben Menschen mit beginnender Demenz in einer Gruppe Verständniskärtchen erarbeitet: „Ich habe Demenz. Bitte haben Sie etwas Geduld“.
Das Verständniskärtchen können Sie ausdrucken, ausschneiden und zusammenkleben. Sie können es auch in unserem Online-Shop bestellen.
Ein gleichbleibender, überschaubarer Tagesablauf, helles Licht und die Beleuchtung wichtiger Wege in der Nacht erleichtern es den Kranken, sich zurecht zu finden. Auch Hinweisschilder in der Wohnung können hilfreich sein.
Eine gut lesbare Uhr und ein Kalender, auf dem das jeweilige Datum markiert wird, erleichtern die zeitliche Orientierung.
Es ist auch empfehlenswert, die Gewohnheiten der Betroffenen nach Möglichkeit beizubehalten.
Bestimmte Sinneseindrücke können von Menschen mit Demenz verkannt werden und zu Verwirrung führen (z. B. laufender Fernseher, Musik und Stimmen aus dem Radio oder das eigene Spiegelbild). Versuchen Sie diese dann zu vermeiden.
Wenn Besuch kommt oder Ihnen unterwegs ein Bekannter begegnet, weisen Sie vorher darauf hin: „Ach, da kommt ja Frau Soundso“, „...dein Bruder Karl“ usw. So gerät Ihr Familienmitglied nicht in Verlegenheit, sondern weiß den Namen und kann die betreffende Person einordnen und ansprechen.
- Stellen Sie sicher, dass ihr Gegenüber sich angesprochen fühlt (Blickkontakt).
- Gewöhnen Sie sich an eine kurze klare Redeweise.
- Stellen Sie einfache Fragen, möglichst solche, die mit „ja“ oder „nein“ zu beantworten sind.
- Stellen Sie immer nur zwei Angebote zur Auswahl („Möchtest du Apfelkuchen oder Schokotorte?“, statt einer großen Auswahl).
- Ergänzen Sie Ihre Worte durch Gesten und/oder Berührung.
- Vermeiden Sie Zurechtweisungen und Kritik (Diskussionen sind nutzlos und verderben nur die Stimmung).
- Wahren Sie die Würde der erkrankten Person und erkennen Sie ihre Wünsche und Bedürfnisse sowie ihre subjektive Weltsicht an.
Das Plakat „11 Tipps zur besseren Verständigung mit Menschen mit Demenz" finden Sie auch in unserem Onlineshop
Viele Verhaltensweisen von Menschen mit Demenz, die Pflegende vor Herausforderung stellen, sind Reaktionen, die man aus der Krankheit heraus verstehen und nachvollziehen kann: Rat- und Orientierungslosigkeit können zu Ängstlichkeit, Anhänglichkeit und zum ständigen Wiederholen von Fragen führen. Aggressivität und Wutausbrüche können aus Frustration oder Überforderung entstehen, Depression und Rückzug aus einem Mangel an Aktivität und Ermunterung.
Wichtig ist es, solche Faktoren zu erkennen und möglichst zu beseitigen. Um mit anstrengenden und problematischen Verhaltensweisen umzugehen, ist es hilfreich, ruhig zu bleiben und auf den Gefühlszustand des erkrankten Menschen einzugehen.
Aggressivität
- Angst, Wut, Unruhe, Enttäuschung und Nervosität können zu aggressivem Verhalten führen.
- Bemühen Sie sich herauszufinden, was der Auslöser für das aggressive Verhalten war, um solche Situationen in Zukunft möglichst zu vermeiden.
- Versuchen Sie gelassen zu bleiben und die Vorwürfe oder das Verhalten der erkrankten Person nicht auf sich zu beziehen. Dieses Verhalten wird durch die Krankheit ausgelöst.
- Versuchen Sie in der akuten Situation die bzw. den Kranken abzulenken, wechseln Sie das Thema. Wenn Sie sich durch das Verhalten bedroht fühlen, sollten Sie aber auch an Ihre eigene Sicherheit denken. Verlassen Sie den Raum und holen Sie sich im Notfall Hilfe.
Unruhe
Menschen mit Demenz sind oft unruhig und laufen immer wieder die gleiche Strecke auf und ab. Daran sollte man sie nicht hindern. Sie können aber versuchen herauszufinden, was dieses Verhalten verursacht: Vielleicht tut der bzw. dem Kranken etwas weh oder ihn beschäftigt gerade etwas. Demenzerkrankte leben in einer anderen Welt. So kann es sein, dass eine 85-Jährige das Gefühl hat, schnell nach Hause zu müssen, weil die Mutter mit dem Essen wartet. Die Antwort, dass die Mutter doch schon lange tot ist und dass Sie auch gerade gegessen haben, hilft in einer solchen Situation nicht weiter. Günstiger ist es, dann ein Gespräch darüber anzufangen („Was macht deine Mutter denn, wenn du zu spät kommst?“ oder „Deine Mutter kocht wohl sehr gut?“).
Unruhe kann auch Ausdruck von Ängstlichkeit oder Unbehagen sein, denen Sie mit folgenden Maßnahmen begegnen können:
- Gestalten Sie die Umgebung ruhig.
- Bleiben Sie ruhig und sprechen Sie sanft.
- Beruhigen Sie die erkrankte Person, halten Sie Körperkontakt und reagieren Sie auf die Gefühle, die sie ausdrückt.
- Schaffen Sie eine entspannte Atmosphäre.
- Gut beleuchtete Ecken verhindern Angst erzeugende Schatten.
- Schaffen Sie Zeiten der Ruhe und Entspannung.
- Menschen mit Demenz mögen meistens Körperkontakt. Eine Massage der Hände mit einem wohlriechenden Lieblingsöl beruhigt.
Weitere Informationen und Tipps finden Sie in den „Empfehlungen zum Umgang mit Gefährdung bei Demenz“
In unserer Mitgliederzeitung „Alzheimer Info“ erscheinen ebenfalls regelmäßig Vorschläge und Tipps zum Umgang mit Demenzerkrankten. Eine Auswahl daraus finden Sie im Archiv des Alzheimer Info. Zum Archiv des Alzheimer Info
Finden Sie die Stärken und Vorlieben der oder des Kranken heraus. Suchen Sie zum Beispiel nach Spielen, Liedern, und Beschäftigungen, die aus der Vergangenheit bekannt sind, aber berücksichtigen Sie auch die berufliche Biografie. Üben sie die Lieblingsbeschäftigungen ruhig öfter.
Neues Lernen ist für Demenzerkrankte kaum noch möglich, Bekanntes kann jedoch geübt und erhalten werden. Im Haushalt bieten sich dafür viele Möglichkeiten.
Menschen mit Demenz fühlen sich zugehörig und nützlich, wenn sie den Tisch mit decken, Kartoffeln schälen oder sich anders an der täglichen Arbeit beteiligen. Gemeinsames Singen und Spielen, Musizieren und Tanzen oder andere Bewegungsübungen können Spaß machen. Körperliche Bewegung regt den Kreislauf an, hebt die Stimmung und verbessert die Mobilität; auch Spaziergänge tun gut.
Sie können gemeinsam alte Fotos ansehen, nachdem Sie möglichst sichergestellt haben, dass sie aus guten Zeiten stammen. Kommentieren Sie aktuellere Fotos. Damit verhindern Sie bei Ihrem erkrankten Familienmitglied das ungute Gefühl etwas nicht mehr zu wissen. Schreiben Sie Namen, Daten und vielleicht den Anlass zu den Fotos. So kann ein aktualisiertes Fotoalbum als Orientierungshilfe dienen und auch immer wieder Grundlage für Gespräche sein.