Interview 2019: Fragen an den Pflegebevollmächtigten der Bundesregierung
Aus: Alzheimer Info 3/2019
In der Pflegepolitik werden zurzeit verschiedene Konzepte zur Sicherstellung von Personal, Qualität und Finanzierung angeschoben – wir sprachen mit dem Pflegebevollmächtigten der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, über seinen Einsatz für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen.
Alzheimer Info: Herr Westerfellhaus, als Beauftragter der Bundesregierung für die Pflege kommen Sie aus der professionellen Pflege. Was können pflegende Angehörige von Ihnen erwarten?
Staatssekretär Andreas Westerfellhaus: Wie alle wissen, stehen wir in der Pflege vor großen Herausforderungen. Die Bundesregierung hat dies erkannt, alleine mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff fließen über 5 Mrd. Euro jährlich mehr an die Pflegebedürftigen – was insbesondere den Menschen mit Demenz zugute kommt. Das spüren die Menschen. Aber Geld alleine pflegt nicht. Das Problem des Personalmangels in der Pflege ist enorm. Die Bundesregierung hat „Pflegefachkräfte“ deshalb zu einem Kernthema gemacht. Dazu gehören eine Stärkung der häuslichen, ambulanten Pflege, eine Ausbildungsoffensive, gute Arbeitsbedingungen sowie finanzielle Anreize, die Pflegekräfte im Beruf halten. Hier bringe ich meine Erfahrungen ganz konkret ein und mache immer wieder eigene Vorschläge für alle Bereiche, wie gerade aktuell den Pflege Ko-Piloten, der Pflegebedürftige und Pflegepersonen regelmäßig vertrauensvoll und unabhängig unterstützen und beraten soll – auch zu heiklen Themen wie Scham oder Wut.
Im Koalitionsvertrag wird das Entlastungsbudget erwähnt – wann und wie soll das Vorhaben umgesetzt werden?
Mir ist wichtig, dass wir das Leistungsrecht vereinfachen und mit einem frei verfügbaren Budget individueller ausgestalten. Der Koalitionsvertrag gibt dies her und sieht ein jährliches Entlastungsbudget vor, das flexibel in Anspruch genommen werden kann. Dabei ist handlungsleitendes Ziel, die häusliche Pflege zu stärken, um dem Wunsch der meisten Pflegebedürftigen Rechnung zu tragen, so lange wie möglich in der eigenen Häuslichkeit zu bleiben. Dafür reicht es aber nicht, dass wir an einigen wenigen Stellschrauben drehen und gießkannenartig mehr Geld ins System pumpen. Daher werde ich nach der Sommerpause ein innovatives Pflegebudget-Konzept vorlegen, das alle Leistungen der Pflegeversicherung in den Blick nimmt.
Sie wollen sich für mehr Kurzzeitpflegeplätze einsetzen, die Angehörige vor Ort aktuell meist nicht vorfinden. Wie sollen mehr Plätze besonders für Menschen mit Demenz geschaffen werden?
Deswegen habe ich vor Kurzem eine Initiative mit folgenden Inhalten gestartet: Die Kassen müssen ihren Sicherstellungsauftrag endlich ernst nehmen und den Auf- und Ausbau von Kurzzeitpflegeangeboten fördern, indem sie endlich eine wirtschaftliche Betriebsführung ermöglichen. Pflegebedürftige müssen den erforderlichen Kurzzeitpflegeaufenthalt aber auch finanzieren können. Es ist daher erforderlich, den Leistungsbetrag entsprechend zu erhöhen. Dafür ist der Koalitionsvertrag mit einem flexiblen Pflegebudget umzusetzen. Mehr Geld darf aber nicht nur mehr Kurzzeitpflegeplätze bedeuten, sondern auch mehr Qualität, was insbesondere auch für Menschen mit Demenz wichtig ist. Daher umfasst mein Konzept ein an die besonderen Bedarfe der Kurzzeitpflege angepasstes Qualitäts- und Pflegekonzept sowie entsprechende Qualitätsprüfungen. Das Konzept finden Sie unter www.Pflegebevollmächtigter.de.
Vielen Dank für das Interview!
Die Fragen stellte
Sabine Jansen
DAlzG