Offener Brief an den SPIEGEL

Betreff: Beitrag „Ich wünschte, mein Mann wäre tot“ in Ausgabe 2/2022

Sehr geehrter Herr Klusmann, sehr geehrte Frau Dr. Amann, sehr geehrter Herr Dörting, sehr geehrter Herr Höges,

in Ihrer Jubiläumsausgabe haben Sie unter anderem den Artikel „Ich wünschte, mein Mann wäre tot“ einer anonymen Autorin als Essay veröffentlicht. Aus dem Text spricht deutlich die hohe Belastung und Verzweiflung der Autorin. Was sie empfindet, erleben auch viele andere Angehörige von Menschen mit Demenz. Nicht umsonst spricht man bei diesem Krankheitsbild von einem „Abschied auf Raten“. Dennoch, oder gerade deshalb, halten wir es bei einem solchen Artikel, der die Verzweiflung aufseiten betroffener Leserrinnen und Leser noch verstärken kann, grundsätzlich für erforderlich, dass er von redaktioneller Seite um Hinweise auf Anlaufstellen und Unterstützungsangebote ergänzt wird. So wie dies auch bei Artikeln über Depression und Suizid Usus ist.

In diesem Artikel geht es um den vergleichsweise seltenen Fall, dass ein Mensch sehr jung an einer Demenz erkrankt ist – Demenzen haben aber sehr vielfältige Gesichter und auch die Lebenssituationen sind vielfältig. Daraus resultieren unterschiedliche Herausforderungen für die Angehörigen, die Belastungen ähneln sich aber. Ebenso die Trauer um den langsamen Verlust eines Menschen bzw. seiner Fähigkeiten und seiner Persönlichkeit. Auch darauf sollte in einem solchen Zusammenhang hingewiesen werden.

Der Artikel macht eine große Lücke im Unterstützungssystem in Deutschland deutlich: Insbesondere für Menschen mit einer beginnenden Demenz im jüngeren Lebensalter gibt es kaum adäquate Unterstützung. Als Selbsthilfeorganisation engagiert sich die Deutsche Alzheimer Gesellschaft seit mehr als 30 Jahren für eine bessere Unterstützung für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen. Vieles hat sich zwar in dieser Zeit getan, doch an vielen Stellen gibt es auch noch dringenden Handlungsbedarf. Hier ist die Politik gefordert. Denn Angehörige, die aufgrund der frühen Berentung des Partners / der Partnerin einerseits Hauptverdiener sind und sich andererseits um die Kinder und Erkrankten kümmern, geraten zwangsläufig in eine Überforderungssituation und darüber hinaus auch oft in eine wirtschaftliche Notlage.

Falls Sie diese Themen in einer Ihrer Folgeausgaben aufgreifen wollen, stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne für weitere Informationen zur Verfügung und können ggf. auch Interviewpartner/innen vermitteln.

Über eine vollständige Zitierung würden wir uns freuen. Anstelle: „1,6 Millionen…… Alzheimer Gesellschaft“ müsste es heißen: „1,6 Millionen…… Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. Selbsthilfe Demenz www.deutsche-alzheimer.de

Mit freundlichen Grüßen

Monika Kaus
1. Vorsitzende

Berlin, den 19. Januar 2022